Pain II
(Fiktion, inspiriert durch reale Erlebnisse im Salon Madame Catarina) 

 

Er stand schon wieder am Gerüst.

Diesmal waren Arme und Beine gespreizt, nur die Maske, in der sein Kopf steckte,
wurde direkt nach oben gezerrt. Er mochte den intensiven Geruch von Leder.
Als man ihm nach der kurzen Unterbrechung anstelle der Kapuze die Maske verpasst hatte, war er begeistert.
Es hatte lange gedauert sie anzulegen und sie war furchtbar schwer.
Sie hatte eine breite Halsmanschette aus dickem, hartem Leder, die den Kopf steif nach oben zwang
und ein Drehen fast unmöglich machte. Überall waren Ringe am Leder. Der oberste war jetzt an die Kette gehakt.

Nach allen Seiten ausgestreckt stand er da, willig und hilflos.

Ohne Rücksicht wanderten die Schlaggewitter von den Waden zum Hinterkopf und zurück.
Ähnlich war es von vorn. Nur die Eier blieben verschont, bestimmt nicht aus Rücksicht um ihn,
sondern aus Sorge, dass die nächste Ohnmacht das Spiel verdarb.

Verdammt, dachte er, nun war es aber gut. Er hatte es hart gewollt, aber langsam hörte der Spaß auf.
Er sehnte sich nach seiner üblichen Schlafstelle. Eine Kette am Arm, eine am Fuß, damit er nicht ganz vergaß, wo er war,
aber sonst locker und erholsam. Was wollte Sie früh noch mit ihm machen, wenn er jetzt schon kaputt war ?

Er war ein guter Kunde, zumindest glaubte er das. Dass Sie sich aber so anstrengen würde für diesen günstigen Preis,
hatte er nicht erwartet. Schließlich musste sie ja auch noch die Helfer bezahlen.
Überhaupt diese Helfer. Sehen konnte er nichts, aber er meinte zu spüren, wann Sie ihn schlug und wann die anderen.
Viel Ahnung hatten die nicht. Hoffentlich blieben keine Narben, da könnte er den Urlaub vergessen.

Urlaub wieder für sich allein, vielleicht fand er ja diesmal jemanden, der ihn verstand. Er hoffte es.
Bis jetzt schien seine Haut noch heil. Sie konnte gut schlagen, schmerzhaft aber sicher.
Na ja, bald würde er schlafen können und morgen war es vorbei.

Gott sei Dank, die Schläge hörten auf. Aber noch einmal musste seine Brust herhalten.
Er mochte das nicht, Sie wusste doch, dass er an der Stelle schwach war, nichts ertragen konnte!
„Schluss für heute“. Sie musste laut sprechen, direkt am Ohr. Die Maske machte ihn nicht nur blind
und stumm sondern auch beinahe taub.
Na endlich ! Schnell noch pinkeln, Schweiß abwaschen, Trinken, Overall anziehen und ausruhen, ausruhen.

Mit dem Rest seiner Kraft stand er in Anstaltshaltung, Hände an der nicht vorhandenen Hosennaht
und wartete brav aufs Abnehmen der Maske.

Es dauerte und dauerte.

„Hände vor!“

Sch..., was war heute nur los?.

Schwerer Stoff schob sich über Hände und Oberkörper. Gurte schlossen sich hinter ihm,
eng pressten sie die verschränkten Arme an die Brust. Er saß fest in einer Zwangsjacke
und die scheußliche Maske war immer noch drauf.

Langsam begriff er, dass seine ruhige Nacht in Gefahr war. Ohne Widerstand stieg er in die Windelhose
und bemerkte resignierend, dass zusätzliche Gurte zwischen den Beinen jede Hoffnung auf ein Entkommen
aus der Jacke vereitelten. Die engen Fußfesseln überraschten ihn nicht mehr.

Jetzt aber wenigstens weg mit der Maske, er sollte doch wohl nicht so schlafen ? Das hatte er noch nie aushalten müssen.
„Es gibt immer ein erstes Mal.“ Konnte Sie Gedanken lesen? Nein, doch nicht !
Die Augenklappen wurden geöffnet. Er konnte wieder sehen, und jetzt bitte den Rest abmachen, bitte, bitte. „Bitte!“

„Ruhe du Schwächling !“. Ein paar harte Schläge trafen seinen Hinterkopf.
Irgendwie musste Sie sein Murmeln durch die Maske gehört haben.

Schläge war er gewöhnt, was er aber vor sich sah, war weit schrecklicher.
Da war nicht sein schöner Schlafplatz unter dem Gerüst, da lag ein dunkles Loch vor ihm.

„Rein da, hinsetzen, Beine anziehen !“ Tief musste er sich bücken, um durch den engen Eingang zu kommen,
beinahe wäre er gestürzt. Fast hatte Sie Mühe ihm zu folgen, so wenig Platz war in dem Loch.
Als wäre es nicht schon grausam genug, kettete Sie ihn mit dem Hals an die Wand.
Auch für die angezogenen Füße fand sich ein Fesselring im Fußboden. „Gute Nacht, und wenn du einpinkelst,
läufst du den ganzen Tag in deiner Pisse.“ Gittertür und Außentür wurden verschlossen.
Es war völlig dunkel. Die offenen Augenklappen nützten ihm nichts.

Er liebte Fesseln, in Ketten eng geschlossen sein. Er liebte Masken, schwer und steif, geknebelt noch dazu.
Er liebte die Jacke, unzerreißbar, die Gurte hart gestrafft. Er liebte auch die Dunkelheit,
grelles Licht war ihm ein Gräuel. Jetzt hatte er es, alles, ein stiller Wunsch war erfüllt.
Der Schrecken, seine Schwäche, dass alles wurde geil. Er testete, probierte aus.
Nichts ging, so wie er saß, war alles fest. Das war perfekt.

Ja, er mochte es, die Dunkelheit der Nacht, das trübe Licht bei Regen, den Kerzenschein im Studio.
Doch diese Dunkelheit war anders. Sie war vollkommen, kein grauer Punkt, nur schwarz. Sie war das Nichts.
Das Nichts griff nach ihm. Erst nahm es ihm die Geilheit weg. Dann brachte es die Angst.
Wieder probierte er, sich zu befreien, diesmal im Ernst. Plötzlich hasste er die Perfektheit , Ihre und seine.
Saß er schon eine Stunde oder zwei? Holt mich hier raus!
Ein dumpfes Stöhnen, mehr ist es nicht, mehr geht auch nicht.
Die Angst wird zur Panik, doch auch die Kräfte der Panik können ihn nicht befreien. Im Gegenteil, er würgt sich selbst.

Das konnte niemand aushalten.

Er wusste es genau, er würde sterben, jetzt, hier.
Hitzschlag in dieser furchtbaren Jacke, ein Krampf der gefesselten Beine der zum Herzen lief,
erwürgt durch die eklige Halsmanschette, erstickt unter der schrecklichen Maske, verrückt durch die Dunkelheit,
verblutet aus seinen Wunden. Irgendetwas würde es sein. Am ehesten wohl Hirnschlag wegen seiner unglaublichen Blödheit.

Ja doch, ja, er hatte es provoziert, hatte sich cool gegeben und den Starken gespielt, immer noch mehr gewollt.
Konnte er sich jetzt beklagen ? Aber Sie war doch auch Schuld,
Sie musste doch wissen von seiner geilen Selbstüberschätzung, das war doch ihr Beruf.

Nie, nie wieder werde ich ein Studio betreten. Er reckte die rechte Hand zum Schwur
indem er sie genau den halben Zentimeter anhob, den die Zwangsjacke erlaubte.
Nur tief, ganz tief im Innern sage ihm eine Stimme, das es ein Meineid war.

Eine Ewigkeit nach der Ewigkeit war es vorbei, er durfte raus.
Seine schwache Bitte um sofortige Entlassung wurde überhört.

Jetzt stand er ans Kreuz gefesselt, die Arme ausgebreitet. Ohne Maske, durstig, mit brennender Kehle.
Er sah erbärmlich aus mit seiner nassen Windel. Er stand schon lange. Es war hell, fast zu hell.
War es schon Mittag ? Wieso war er noch hier ? Er musste längst weg sein. Unruhig prüfte er seine Fesseln.

„Du möchtest wohl nach Hause?“ Er hatte nicht gesehen, dass Sie hinter ihm war.
„Warum nur .... du bist doch schon zu Hause! Dein Zimmer bei mir kennst du doch jetzt, gefällt es dir nicht?“
„Ja aber?“ presste er durch den trockenen Hals hervor. „Was willst du?? Ach so, dein Urlaub.
Keine Sorge, habe ich stornieren lassen. Niemand wird dich vermissen.
Hast du unseren Vertrag vergessen, die Dauer der Session bestimme Ich !“

„Aber, aber das Geld und ich kann doch nicht ....“ stotterte er.
„Ach das ... hast du wirklich geglaubt, deine paar Kröten können mich kaufen?
Ich habe dich immer nur für mich trainiert. Und Ich habe viel mit dir vor.
Du weißt doch, Ich bin Ausbilder. Die Ladies hier haben viel dafür bezahlt,
um bei mir zu lernen, viel mehr als du träumst. Enttäusche mich nicht !“

Sie wandte sich zu den Gästen, die für ihn unsichtbar den Raum betreten hatten :

„Ich begrüße Sie zum nächsten Abschnitt Ihres Praktikums.
Gestern haben wir gelernt, wie man mit einer Entführung Freude bereitet.
Dann haben wir sehr intensiv am Körper gearbeitet. Unser heutiges Thema ist Psyche und Folter.
Ich habe unser Objekt in der Nacht schon ein wenig vorbereitet,
damit wir eine schnellere Reaktion auf unsere Übungen bekommen.
Wer möchte dem Objekt die Maske wieder anlegen? “

Das „Objekt“ ließ es willenlos geschehen.
Er konnte nicht einmal mehr Angst empfinden...

 

by s. 10/07