"Venus im Pelz -- eine Lektion"   von Kai

-       Eventuelle Ähnlichkeiten zwischen dem hier Erzählten und der Wirklichkeit sind nicht rein zufällig, sondern beabsichtigt.
-       Eventuelle Ähnlichkeiten der handelnden Personen mit real existierenden sind ebenfalls nicht rein zufällig.
-       Anders gesagt: Die folgende Erzählung wurde in ihrem Kern genau so erlebt und bestimmt das Schicksal ihres Autors bis auf den heutigen Tag.

Teil 1

Die Anzeige war ihm sofort in die Augen gefallen: „VENUS IM PELZ – ein literarisch-kulinarischer Abend“.

Literaturhistorisch bewandert, kannte er natürlich die Erzählung des Leopold von Sacher-Masoch, diese aufreizend erotische Geschichte einer sonderbaren Liebe: Ein Mann von Adel sah seine Liebeserfüllung darin, dass er sich der Angebeteten, einer – wollte man der Geschichte glauben – betörend schönen Russin, bedingungslos in die Hand gab. Ihre königliche Erscheinung, in kostbare Pelze gehüllt, hatte seine Sinne dermaßen verwirrt, dass er einen Vertrag unterzeichnete, der alle Rechte an die erwählte „Herrin“ übertrug, einschließlich des Rechtes, ihn, ihren „Sklaven“, nach Lust und Laune zu strafen. Er selbst wolle fortan ihr bedingungslos dienen und gehorchen und seine Erfüllung zu ihren Füßen finden. … -- Eine seltsame Liebe, wie er fand.

Doch waren seitdem Generationen von Gelehrten mit der Analyse der Erzählung beschäftigt, und auch Freud hatte seine Freude daran gehabt.

Ihn, den (etwas verstaubten) literaturhistorisch Bewanderten; interessierte daran lediglich die aufkeimende Dekadenz eines sterbenden Jahrhunderts. 1870 mochte die Erzählung noch ergriffen haben, für ihn war sie nur noch von historischem Interesse.

In der Erwartung, den Abend in einer eifrig diskutierenden Gesellschaft zu verbringen, machte er sich, eine dicke Tasche voller Papiere unterm Arm, auf den Weg, um bei jenem Studiosus, der sich Tartarus nannte, zu läuten.

Die Tür oben war halb angelehnt, er trat ein. Der Flur war dunkel, doch sah er gedämpftes Licht, fein abgestimmt auf das Thema der Veranstaltung, in einem hinteren Zimmer. Dass er offenbar der erste hier war, irritierte ihn nicht, zu oft schon war er aufgrund seiner extremen Pünktlichkeit allen Veranstaltern zuvorgekommen.

Er hockte sich nieder, um seine volle Tasche langsam (und auch ein wenig andächtig, denn wie viel Nachtarbeit mochte in diesen ausführlichen Notizen stecken!) auf dem Boden abzustellen. Vorsichtig zog er ein sehr altes Buch daraus hervor, eine ungemein wertvolle Erstausgabe der „Venus im Pelz“, um darin zu blättern …:

„… auf die Knie …“, „… fühle, was es heißt, in die Hände einer Frau gegeben zu sein.“ … Sie gab mir einen Fußtritt … einen Hieb mit der Peitsche. …Venus im Pelz empfängt ihren Sklaven. … Sie gab mir eine Ohrfeige. …„Hilf mir in meinen Pelz, Sklave! ... Wie ungeschickt!“, rief sie, und kaum hatte sie ihn an, schlug sie mich wieder ins Gesicht. „… knie nieder und küss mir den Fuß.“ …

-- „… man sieht, die Rasse der Katharina stirbt nicht aus.“ …

Bisher hatten ihn diese alten Worte immer kalt gelassen. Hier aber schienen sie sich mit neuer, nie geahnter Macht aufzuladen, eine seltsame Erwartung beschlich ihn … .

Plötzlich hörte er hinter sich, aus dem Flur sich nähernd, den hellen Schlag harter Absätze. Er erstarrte und irgend etwas hinderte ihn, sich umzusehen. Sein Blut stieg ihm zu Kopf, und er meinte, das Pulsieren seines Herzens zu hören. Die Schritte verhielten erst ganz dicht hinter ihm. Eine leichte Berührung, einen leichten Druck glaubte er durch den Stoff seiner Kleidung zu spüren. Ein Schauer glitt über seinen Rücken. Doch wie paralysiert blieb er unbeweglich hocken.

Eine dunkle weibliche Stimme forderte ihn auf, sich hinzustellen, und sanft, aber dennoch sehr bestimmt wurde er vorwärts gestoßen. Nach zwei, drei Schritten stand er vor zwei Pfeilern, und während er erst langsam erkannte, dass dies die hohen Pfosten einer hohen Liegestatt waren, und irgend etwas darauf ihn anzog, ohne dass er sich dies hätte erklären können, wurden seine Handgelenke in Schlingen an diese Pfosten gebunden.

Die dunkle Stimme hinter ihm legte sich jetzt weich und schmeichelnd an sein Ohr, Haar berührte seine Wange, ein betörender Duft legte sich um seine Sinne, und das matte Licht im Raum schien nun gänzlich zu erlöschen.

Die Hände einer Frau legten sich um seine Hüften, und wäre nicht dieser betäubende Duft gewesen, hätte er es als unschicklich abweisen müssen. Sie öffnete den Gürtel seiner Hose, und er spürte, wie die Hose dennoch eng wurde und zu platzen drohte. Sie öffnete Knopf und Reißverschluss, und sein pralles Gemächt schnellte heraus.

Nun kam er langsam wieder zu sich. Er fing an, aufzubegehren, doch seine Handgelenke saßen fest. Er sah, wie sie ihren Fuß auf seine halb herabhängenden Hosen setzte und sie mit einem Tritt gewaltsam ganz herunterdrückte. Ihr scharfer spitzer Absatz zerkratzte dabei schmerzhaft seine Wade.

Sie trat zurück und schlich augenscheinlich zufrieden in einem weiten Halbkreis wie eine Raubkatze um ihn herum, den stechenden Blick nicht von ihm lassend.

Er stand da, die Hände hoch an die Pfosten gebunden, wehrlos und halb ausgezogen: im Pullover, mit herabgelassenen Hosen … . Es war ein lächerlicher Anblick.

Er fühlte sich gemustert und bloßgestellt von dieser fremden Frau, er fühlte sich maßlos gedemütigt. Er fühlte sich … vergewaltigt.

Den festen Blick noch immer auf ihn gerichtet, streckte sie sich auf das hohe Bett. Wie eine Tigerin dehnte sie genüsslich ihre langen nylonbestrumpften Beine. Ihre Füße waren halb umschlossen von hohen Sandalen und berührten nun fast seinen Körper. Die überlangen schwarzen spitzen Absätze waren auf seine verletzliche weiße Haut gerichtet. Auf weichestem Pelz ruhten diese bedrohlichen Füße.

Erst jetzt wurde er in dem Halbdunkel gewahr, dass ein herrlicher Zobel sich über das Bett ausbreitete. Auf einer riesigen Zobeldecke lagerte diese Frau, selbstgefällig ihre Beute betrachtend.

Gewohnt, seinen Kopf zu gebrauchen, versuchte er mühsam sich klar zu machen, was er von dieser Frau zu halten hatte. Es wäre dumm gewesen zu leugnen, dass sie ihn seltsam faszinierte, dass ihre dunkle geheimnisvolle Schönheit ihn über die Maßen ansprach, ja dass selbst die Macht, die von ihr ausging, ihn betäubend und wohlig umnebelte. Aber gerade dagegen wollte er sich zur Wehr setzen, denn die Situation, in die sie ihn gebracht hatte, war entwürdigend und beschämend. Wehrlos wie eine Fliege zappelte er in ihrem Netz, und lauernd wie die schwarze Witwe lag sie davor, bereit, ihn im nächsten Moment auszusaugen. … Nun zog sie langsam, ganz langsam unter der sanften Felldecke eine nicht enden wollende schwarze Peitsche hervor und hielt sie quer gespannt vor ihre stechenden Augen. Das Blut schoss ihm ins Gesicht und kalter Angstschweiß perlte auf seiner Stirn, und bevor sein verwirrter Kopf sich gegen sie oder für sie entschieden hatte, entschied sein Körper: Die Spannung in seinen Genitalien wurde so stark, dass sich sein Schwanz tief in den herüberhängenden weichen Pelz bohrte....

Weich und wohltuend schloss sich der sanfte, edle Pelz um sein sensibelstes Körperteil …, warm legte sich Weiblichstes um sein Empfinden, er fühlte sich geborgen und irgendwie angekommen.

Teil II